Erich Bitter und der große Traum von Qualität
Prototyp des Supersportwagens vom Steinriedendamm wird nächste Woche in Genf ausgestellt
Von Jörn Stachura
Warum er sich das noch antut? Erich Bitter stutzt einen Augenblick. Was selten ist. Dann meint er: "Ich bin eben Unternehmer. Unternehmer unternehmen was. Warum sollte ich also mit 71 nicht wieder anfangen, Autos zu bauen?" Felsenfest ist seine Überzeugung: Wer kein Auto von der Stange will, kommt an ihm und seinem neuen Bitter nicht vorbei.
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Erich Bitter meint: Auf diesem Leder lässt sich wirklich gut sitzen.
Erich Bitter – Rennfahrer erst auf dem Rad, dann höchst erfolgreich in Rennwagen. Deutschland-Importeur der Abarth-Sportwagen und von 1971 bis 1988 Hersteller der Bitter-Autos. Mehr als 1500 Fahrzeuge hat der eingefleischte Westfale bereits gebaut. Nach 27 Jahren Pause ist nun wieder ein Prototyp fertig. Nächste Woche wird er beim Automobil-Salon in Genf ausgestellt. Von Herbst an soll eine Kleinserie von jährlich 30 bis 70 Fahrzeugen am Steinriedendamm gebaut werden. So der Plan – Bitter zweifelt keinen Augenblick, dass er aufgeht.
Gutes einfach nur verbessern
Dabei sagt er selbst: "Es gibt heute keine schlechten Autos mehr. Schlechte Autos sind längst vom Markt verschwunden." Darum hat er sich auch zum Ziel gesetzt, "ein gutes Auto besser zu machen". Ihm seine ganz persönliche Handschrift zu verleihen. Dazu ist er in einer Person Konstrukteur, Designer und Cheftester. Optimierung der Karosserie im Windkanal? "Wofür soll das gut sein? Wenn man keine Windgeräusche hört, muss man nichts optimieren."
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Diesen Blick aus seinem Büro hat Erich Bitter besonders gern.
Überflüssig zu sagen, dass der neue Bitter frei von Windgeräuschen dahingleitet. Zeitlos elegant, fast schlicht ist die Linienführung, und wer es nicht weiß, wird nie vermuten, dass die Länge 4,90 Meter beträgt. Kraftvoll wirkt er und ist es auch: Der Achtzylinder aus der Chevrolet Corvette mobilisiert bei 6 Litern Hubraum 400 PS. Doch seine Bestimmung ist das Rasen nicht. "Die Kunden sind älter als 40", weiß Bitter. Da rast man nicht mehr, sondern genießt das Drehmoment-Gebirge, das auf Wunsch die Passagiere beim Beschleunigen in die Sitze presst. Souveränität in allen Lebenslagen, überall und immer.
Erich Bitter geht dabei keine Experimente ein und vertraut auf biedere Großserien-Technik: "Da ist alles aufeinander abgestimmt, wieder und wieder getestet worden. Da gibt es keine unliebsamen Überraschungen." Basis seines Wagens ist darum ein Pontiac aus Australien. In der großen Halle am Steinriedendamm verliert er alle Anbauteile: Türen, Fenster, Hauben, Kotflügel. Wenn die Bitter-Teile angebracht sind, erinnert nichts mehr an einen Pontiac. Nur das Armaturenbrett bleibt.
Der Preis natürlich nicht. Er hat sich auf 100 000 Euro verdoppelt. Was kein Wunder ist. Die neuen Karosserie-Teile aus Karbon sind schließlich sündhaft teuer, und auch sonst verfährt Erich Bitter nach dem Motto: "Man kann nicht erstklassig essen, wenn nicht auch die Zutaten erstklassig sind."
Darum nennt er seine Zulieferer auch "Artisten". Sie produzieren Werkstoffe, die man in Serienautos, gleich welcher Preisklasse, vergeblich suchen wird. Das Leder der Innenausstattung ist fast einen ganzen Zentimeter dick und komplett durchgefärbt. Statt der üblichen 30 Euro kostet der Quadratmeter freilich auch 160 Euro. 30 Quadratmeter werden für den Innenraum benötigt. Die hölzernen Instrumenten-Einfassungen stehen dem nicht nach. Qualitätsanmutung und Finish verraten, dass fast vergessene Handwerkskunst bemüht wurde.
Rollende Visitenkarte
Fast grenzenlos ist Bitters Vertrauen in den Wagen, "der schließlich auch meinen Namen trägt". Quasi eine rollende Visitenkarte. Automobiler Enthusiasmus auf Rädern. 40 000 Testkilometer hat der Prototyp bereits klaglos hinter sich gebracht. Bitter meint: "Was sollte auch Probleme bereiten? Da ist ja nichts hingefummelt worden." Das hat auch die Versicherungen überzeugt. Bitter übernimmt Produkthaftung. "Ich schiebe bei eventuellen Problemen nichts auf Zulieferer ab." Für die Qualität bürge er mit mehr als seinem guten Namen.
Ob dies reicht, den Funken der Begeisterung auf Fahrer von Audi A 8, 7er-BMW oder Mercedes S-Klasse überspringen zu lassen, ist eine andere Frage. Es wird einer gewissen Vernarrtheit in das ganz Besondere bedürfen. "Doch ohne den Glauben daran wäre das Auto nie entstanden", sagt Bitter. Ganz selbstverständlich ist es darum für ihn, das Besondere zu genießen und seinen Geburtstag in seinem Auto auf der Autobahn zu feiern.
Freitag, 18.02.2005
Quelle: http://www.newsclick.de/index.jsp/menuid/2048/artid/3766581
Gruß aus Braunschweig
Felix