Soviel Zeit muss sein – Uhrenbauer gibt Gas

  • Ich weiß, es gibt hier Liebhaber mechanischer Uhren. Und auch sonst ist der Artikel - finde ich - interessant und unterhaltsam und daher empfehlenswert (Quelle: newsclick.de):

    Gruß

    feeelix


    Die Automobil-Leidenschaft des Chronoswiss-Gründers Gerd R. Lang – Der gebürtige Braunschweiger und seine Vorliebe für Jaguar

    Von Eckhard Schimpf

    Wer den Zeitgeist heiratet, wird schnell Witwer, heißt es. Hastige Wechsel prägen heute Technik, Mode, Alltag. Da kann es sinnvoll sein, auch mal gegen den Strom zu schwimmen. Ein Beispiel dafür ist die Branche mechanischer Armbanduhren. Als vor drei Jahrzehnten die Uhren mit Batterien zu laufen begannen, drohte ein ganzer Industriezweig zu versinken. Nur wenige – allen voran Gerd R. Lang mit seiner Marke Chronoswiss – glaubten noch an die Chance der alten Handwerkskunst. Tatsächlich: Die Quarzuhr kam zwar, dennoch erlebten mechanische Uhren eine schier beispiellose Renaissance.

    [Blockierte Grafik: http://www.newsclick.de/servlet/BV2/3564750/WEB]
    Der Uhrenbauer bei der Arbeit ...

    Wer heute in den Schaufenstern Meisterwerke von Audemars Piguet oder Patek Philip, Lange, Breitling, IWC oder Rolex bewundert, der findet in diesem exklusiven Kreis stets auch Chronoswiss. "Ich ticke nicht richtig," steht über Langs Werbung. Nun, das mag so mancher gedacht haben, als Lang gegen den Abwärtstrend 1983 seine Firma gründete. Doch heute beweist sein weltweiter Erfolg, dass die Entscheidung für die nach alter Art tickenden Uhrwerke ein glänzendes Beispiel für unternehmerischen Mut waren. Er entsprang seiner Uhren-Besessenheit. Sie wird nur übertroffen von einer zweiten Leidenschaft: der für Autos, speziell der Marke Jaguar.

    Langs lange Autokarriere

    Wie es dazu kam? Gerd Rüdiger Lang, der 1943 in Braunschweig geboren wurde und dort im Traditionshaus Jauns das Uhrmacherhandwerk erlernte, ist stets verrückt nach Frischluft-Autos gewesen. Einem Fiat 500 mit Klappverdeck, folgten ein MG-Midget-Roadster, dann nach seiner Übersiedelung in die Schweizer Uhrmacherstadt Biel ein Alfa Spider Duetto, ein VW Porsche 914 und schließlich ein Triumph TR 6.

    [Blockierte Grafik: http://www.newsclick.de/servlet/BV2/3564754/WEB]
    . . . und im XK 120 von 1949.

    Damals war Lang Prokurist bei Heuer und arbeitete auch als Zeitnehmer bei Formel-1-Rennen und beispielsweise bei den Olympischen Spielen in Moskau 1980. "Irgendwann klemmte ich mich, es war in Wiesbaden, in einen Austin Healey 3000. Aber ich merkte, ich bin zu groß für das Cockpit," erzählt Lang. "Neben dem Healey stand ein Jaguar E-Type. Da traf es mich wie ein Blitz – der sollte es sein."

    Der Uhrmachermeister mit dem Auto-Tick sog nun alles auf, was er über Jaguar lesen konnte. "Ich fasste eine Sympathie für Jaguar-Gründer William Lyons, weil ich feststellte – und dies soll bitte nicht vermessen klingen, dass auch er wagemutige Entscheidungen traf, dass auch er aus Niederlagen lernte und Kraft schöpfte. Und noch etwas: Lyons hat aus Vorhandenem etwas Neues gemacht, so, wie Karajan ja auch Mozart-Musik nicht komponierte, sondern nur neu interpretierte."

    [Blockierte Grafik: http://www.newsclick.de/servlet/BV2/3564758/WEB]
    Gerd-Rüdiger Lang

    William Lyons, der seine winzige Firma Swallow-Sidecar-Company (gegründet 1922) zum Weltunternehmen Jaguar formte, ist also eine Art Vorbild für den Chronoswiss-Gründer gewesen, der die Akribie und die Detailversessenheit des Briten zutiefst bewunderte. "Der verbiss sich nicht nur in die Technik. Der ließ sich auch beim E-Type, und das ist ja nun wirklich ein Jahrhundertauto, jede kleine Designveränderung vorlegen und entschied selbst."

    Klar, das Gerd R. Lang einen E-Type besitzt, und zwar Serie 1 von 1961. Er hat auch einen SS 100 von 1938 – damals baute Lyons Sechszylinder-Motoren der Marke Standard in seine Swallow-Fahrwerke ein. Daher stammt das Kürzel SS, das nach 1945 verschwand; den Namen Jaguar führt das Unternehmen seit 1935. Doch weiter in Langs Jaguar-Reihe. Da sind noch zwei XK 120. Der eine, ein Roadster, wurde 1949 gebaut (Nummer 62) und an einen englischen Major in Ägypten ausgeliefert. Schneeweiß wie damals, als er zwischen Suez und den Pyramiden rollte, steht er jetzt top-restauriert in der Garage. Mit ihm fuhr Lang nicht nur die Mille Miglia, sondern er gewann damit auch 1999 das Gesamtklassement der Silvretta-Classic in Österreich. Neben dem Roadster parken ein weiterer XK 120 Drophead von 1954 und eine XJ-Zwölfzylinder-Limousine.

    [Blockierte Grafik: http://www.newsclick.de/servlet/BV2/3564762/WEB]
    Gerd R. Lang und seine Tochter Natali im Jaguar-C-Rennwagen bei der Silvretta-Classic-Rallye.

    Das "liebste Spielzeug" des Uhrenbauers ist jedoch der 1952er Jaguar C, ein Rennwagentyp, der zwischen 1951und 1953 (u.a. mit Stirling Moss am Steuer) zahlreiche große Rennen gewann, wie zum Beispiel auch die 24-Stunden von Le Mans 1951. Dieses bullige, aus seitlichem Doppelrohrauspuff dumpf brabbelnde Ungeheuer in "british racing-green" fährt Lang besonders gern bei Oldtimer-Rallyes; denn das relativ leichte Aluminium-Renngerät hat jede Menge Temperament.

    In jedem dieser unterschiedlichen Jaguar-Modelle steckt eine Philosophie. "Wenn ich mir eines der Autos nehme, muss der richtige Zeitpunkt da sein," betont Lang. Das kann ein Bergrennen sein, das kann eine beschauliche Tour in die Alpen oder nach Italien sein. Alles Geschäftliche rückt dann weit weg. "Ich suche die Zeit aus und hole mir mit dem Genuss ein Stück verlorener Zeit zurück. Dabei nutzte ich ja alle Sinne. Ich sehe die Landschaft, ich rieche das Heu, höre den Auspuff, fühle das Holzlenkrad."

    An jeder Hand eine Uhr

    Abschätzend, abwartend blicken Langs blau-graue Augen hinter dem roten Brillengestell hervor. Er, der Tüftler, der auch gern philosophischen Gedanken folgt, ist ein introvertierter, zurückhaltender Mensch. Er ist sogar so distanziert, dass ihn manche für traumverloren halten. Oder schüchtern. Oder arrogant. Keins dieser Attribute stimmt.

    Wahr ist: Lang spielt seine Karten dicht vor der Brust. Doch dieser Mann, der stets an beiden Handgelenken eine Chronoswiss-Uhr trägt, steckt voller hochsensibler Antennen, die jede Art von Anregungen aus seinem Umfeld speichern. Ob er etwas liest oder hört, ob er in Antiquitätengeschäften stöbert, in Kunstgalerien sinniert oder durchs Nürburgring-Fahrerlager streift: Immer denkt er an Uhren. Doch wenn er seine angeborene Distanz mal reduziert, wenn er sich öffnet, dann sprudeln die Ideen. Doch jedes Gespräch führt irgendwann immer wieder zu den Uhren – oder zu den Autos, wie den Porsche-911-Klassiker, den letzten luftgekühlten, den er jetzt "für täglich" nutzt.

    Samstag, 18.12.2004

  • bitte gern! das lob "super geschrieben" kann ich vermutlich ende januar an den autoren weitergeben. seine artikel lese ich immer vom ersten bis zum letzten wort. er ist zudem braunschweiger und nennt m. w. auch einen alfa sein eigen. sehr symphatisch. ;)

    hier noch ein artikel, wer mag: HIER

    schönen vierten advent!

    feeelix

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!