Ein Artikel vom von mir immer gern gelesenen Eckhard Schimpf, von Ettore Bugattis Geburt in Mailand bis zum Kauf der Namensrechte von F. Piech (Braunschweiger Zeitung vom 23. April 2004):
Biografie der Brüche: Rennen, Rösser und Melone
Die Autos von Ettore Bugatti sind noch heute vom Hauch der Legenden umweht – Nun lebt die Marke wieder
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Welch aufregende Form: Bugatti Atalante 57 SC von 1938.
Von Eckhard Schimpf
Ursprung der Kunst sind Kreativität und Fantasie. Der Konstrukteur Ettore Bugatti besaß beides. Dazu Mut, Besessenheit, analytisches Denkvermögen, Stilsicherheit. Eine grandiose Mischung für jene Epoche, als die Benzinkutschen das Laufen lernten. Nach den Gründervätern Daimler, Benz, Maybach, Otto, Diesel war der 1881 in Mailand geborene Bugatti – neben Ferdinand Porsche – wohl der genialste, aber auch schillerndste Ingenieur des 20. Jahrhunderts. Am Sonntag widmet sich ihm der deutsch-französische Kultursender "Arte".
Der Superlativ hat Gründe, die sich nicht in einem einzigen Satz erschöpfen. Die Antwort gibt das Leben dieses barocken Menschen, dessen Autos heute Kunstschätze sind, und der 1947 in Paris – manche sagen, in weißen Glacéhandschuhen – gestorben ist. Bugatti stammte aus einer italienischen Künstlerfamilie. Sein Vater Carlo war Bildhauer, dessen Möbel noch immer horrende Preise erzielen. Rembrandt Bugatti, Ettores Bruder, fand weltweit Liebhaber für seine Bronze-Skulpturen.
Auch Ettore Bugatti hatte musische Begabungen, wandte sich indes mit heißem Herzen und kühlen Verstand schon ganz jung dem gerade erfundenen Auto zu, diesem revolutionären Ding, das wie kaum etwas anderes das Leben veränderte. Als 17-Jähriger baute Bugatti ein Motor-Dreirad, entwarf dann 1900 – von einem Grafen finanziell unterstützt – sein erstes Auto, dass sofort internationale Anerkennung fand. Bugatti fuhr nun Rennen, arbeitete für De Diettrich, später als freier Konstrukteur für Deutz. Deshalb übersiedelte er nach Molsheim/Elsaß, wo er dann 1909 eine Firma gründete, die zwei Jahre später schon 65 Arbeiter beschäftigte (1936 waren es 3800).
Die folgenden drei Jahrzehnte legten dann die Basis für die Legende, die noch jetzt lebendig ist. Bugatti konstruierte im ersten Weltkrieg 16-Zylinder-Flugtriebwerke, entwarf später sogar ein Jagdflugzeug, baute Weltrekord-Boote und gigantische Motoren für Eisenbahn-Triebwagen.
Aber die Wurzel für den Mythos lag in den leichten, stets mit filigraner, innovativer Technik glänzenden Sportwagen und den Luxuskarossen bis hin zum Royale, der das Auto für Könige und Maharadschas werden sollte, aber von der Weltwirtschaftskrise jäh gestoppt wurde. Nur sechs dieser Giganten entstanden, und sie existieren heute noch – sicher jeweils 10 Millionen Euro wert.
Den größten Teil seines Ruhms verdankt Bugatti indes den unzähligen Rennwagen, die eine Zeit lang – wie jetzt Ferrari – die Grand-Prix-Szene beherrschten. Über tausend Siege sind dokumentiert.
8000 Bugattis wurden gebaut. 2000 gibt es noch – kaum bezahlbare Sammler-Raritäten. Der Mann, der sie erdachte, war so auf Qualität versessen, dass er sich über jeden Defekt ärgerte und am liebsten auch noch Reifen mit der ihm eigenen Perfektion selbst hergestellt hätte.
Ende der 20er-Jahre lagen ihm Reiche und Rennfahrer zu Füßen. Bugattis waren exklusiver als Mercedes oder Alfa Romeos. Der "Patron" war längst ein Lebemann. Stets mit Melone, oft im blauen Frack auch an den Rennpisten, jeden Morgen zu Pferde. Er züchtete Vollblüter und nannte deshalb auch spezielle Rennwagen "Pursang" (Vollblüter). Er kaufte sich Schlösser wie St. Jean in Molsheim oder Ermenonville bei Paris, er las im Park Dante – von Flamingos, Eseln, Hunden umgeben. Er schwärmte für hochklassige Weine und ließ seine exklusive Kundschaft im eigenen Gasthof von Spitzenköchen verwöhnen.
Ende der 30er-Jahre – noch gab es Siege in Le Mans – geriet Bugatti in finanzielle Bedrängnis, und sein kongenialer Sohn Jean verunglückte 1939 tödlich bei einer Testfahrt. Als dann 1947 auch Ettore selbst starb, verlor die Firma ihre Seele, aber erst 1963 kam das endgültige Aus.
Doch die Legende lebt. 1998 kaufte Ferdinand Piëch die Namensrechte für VW. So wird es 2005 wieder einen Bugatti geben, den Veyron. Märchenhaft wie einst: 1001 PS stark, eine Million Euro teuer.
gruß
feeelix
ps: habe ihn lieber reinkopiert. auch zu lesen ist der bericht aber hier: http://www.newsclick.de/index.jsp/menuid/2184/artid/2718139